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Wollen wir noch einmal zurückblicken? Dann macht mal die Augen zu… moment, das geht hier ja gar nicht. Aber stellt euch zumindest vor, der laute Wind bläst euch durch die Haare, pustet den sanften Duft der Heckenrose in die Nase. Dann, ganz in der Nähe, die lauten Wellen, die in ihrem eigenen Rhythmus den Takt vorgeben, die Schnupfnasen, die vom gesunden Salz in der Luft gereinigt werden, …

Das war unsere Klassenfahrt mit den Kindern der 4a, 4b und 4c nach Hörnum auf Sylt. Das, und noch viel mehr:

Sieben Stunden Zugfahrt sind zwar aufregend, aber routiniert, denn wir haben natürlich längst das Kofferschieben und schnelle Aufstellen und Umsteigen in der Schule geübt. Es wird noch etwas aufregender, wenn die Bahn die Züge streicht, Gleiswechsel vornimmt und die Sitzplätze auf mehrere Waggons verteilt, aaaaber: Wir bleiben gelassen und bringen alle Kinder sicher auf die Insel. Da sind sie, die angekündigten und heiß ersehnten Salzwiesen! Schafe! Möwen! Juhuu, wir sind da!

Gleich nach dem Abendessen: Der erste Blick über die Düne, endlich Sand unter den Füßen, die Gischt des Meeres in Sicht – herrlich! Für viele Kinder ist es der erste Moment am Meer. Wie groß die Augen sind! Toll, dass wir diesen Moment miteinander teilen dürfen. Eine ganz andere Landschaftsform kennenzulernen, heißt auch – hoppla – ein bisschen zu frieren, nass zu werden, aber auch wieder zu trocknen!

Endlich bekommen die Eltern zu Hause eine Nachricht: Ja, wir sind wunderbar angekommen, auch wenn uns die Bahn mehr als einmal im Stich gelassen hatte. Egal, wie groß die Probleme sind, unsere Lösungen sind größer! Die Neugier scheint riesig zu sein, viele Eltern wären bestimmt gerne hautnah dabei gewesen. Und doch genießen die Kinder die Zeit weit weg von zu Hause und reifen und wachsen in ihrer Selbständigkeit. Ohne GPS-Tracker geht es ihnen gut, denn hier vergessen wir Raum und Zeit und sind in unserer Gemeinschaft zufrieden und gut aufgehoben.

Der erste Tag ist etwas trüb. Mit dem Bus fahren wir nach List in den Norden der Insel. Im Erlebniszentrum Naturgewalten schauen sich die Kinder im Planetarium einen 360°-Film über die Insel an. Ein kauendes Schaf blickt neugierig auf sie herab. Dann stürmen sie das Museum. Sie blicken auf die Erdkugel hinab, um die Entstehung von Wind und den Gezeiten nachzuvollziehen. Sie kurbeln, um einen Strudel zu erzeugen. In der Ausstellung rund um den Klimawandel lassen sie eigene Wellen entstehen und simulieren Hochwasser. Die vielen Schautafeln und multimedialen Präsentationen vermitteln ihnen Lehrreiches über das Leben im Nationalpark Wattenmeer – und die Gefahren durch uns Menschen, die Robben jagen, das Ökosystem ins Wanken bringen und auf Sylt Golfplätze inmitten der schützenswerten Dünenlandschaft errichten. Tja, Geld regiert die Welt…

Zeit, sich das Wattenmeer am zweiten Tag von Nahem anzusehen. Früh um sechs geht es aus dem Bett, siebzig wunderbare Kinder stehen nach dem Frühstück am Treffpunkt hinter der Düne bereit. Doch was ist das? Oh nein, der Wattführer hat uns vergessen! Wie peinlich! Da übernehmen die Lehrer eben spontan die Wattführung – zum Glück, wie sich noch herausstellen wird. Im sicheren vorderen Bereich des Wattes nehmen die Kinder Algen, Muscheln, Quallen, Krebspanzer und allerlei andere glibberige Fundstücke genauestens unter die Becherlupe. Die haben die Kinder von ihren Lehrern geschenkt bekommen. Anfassen, von allen Seiten anschauen, vorsichtig dran riechen, darum geht es heute im Watt. Ihre Lehrer erklären, wo sie Wattwürmer finden, wie sich Krebse häuten, wie Queller schmeckt und wie Ebbe und Flut entstehen. So viele Entdeckungen kann die nachgeholte Wattführung am nächsten Tag nicht bieten. Und noch eine Entdeckung beeindruckt die Kinder: Siehe da – weg ist schon der hintere Bereich, auf dem die Kinder gerade noch geforscht haben. So schnell kommt die Flut!

Die Unterkunft liegt genau zwischen dem Wattenmeer im Osten und dem Sandstrand im Westen der Insel. Beide Seiten sind in zehn Minuten zu Fuß erreicht. Und so war es eine erfrischende Freude, im Anschluss die Fluten der kalten Nordsee zu erobern! Wer traut sich mit Lena, Franz und Herrn Beyer, sicher und unter Aufsicht der DLRG einzutauchen? Die starken Wellen beeindrucken tief und machten großen Spaß! Doch auch im Sand zu buddeln, Burgen zu errichten, rumzuhängen und Liebesgedichte zu erfinden, ist eine Freude! Die Zeit gerät am Strand völlig in Vergessenheit.

Als zwischendrin die Frage aufkommt, ob die Kinder schon ihre Smartphones vermissen, ist ein klares Nein die Antwort der meisten Kinder! Wie wäre es denn, wenn die Smartphones dabei wären? “Wir würden uns ja gar nicht mehr selbst unterhalten!” Ein klares Votum, dass die Kinder die medienfreie Zeit genießen, aufatmen und den Blick auf sich selbst und ihre direkte Umwelt richten können, wenn sie dürfen!

Und dann ist es überhaupt ein Segen, dass Herr Beyer, Frau Lukoschus und Frau Wand so tolle Unterstützung dabei haben: Lena, Franz, Jana, Frau Thomas und Olli sind immer zur Stelle und passen ebenfalls ganz wunderbar auf die Kinder auf. Vielen herzlichen Dank dafür!

Unser Programmpunkt am Mittwoch: Watt und Strand! Herrlich! Es gibt noch so viel zu erleben. Die Kinder dürfen über ihr Programm weitgehend selbst entscheiden. Die Schutzstation Wattenmeer, die wir gerne besucht hätten, hat uns leider abgesagt. Doch auch davon lassen die Lehrer sich nicht aus der Ruhe bringen. An der Nordsee können wir nur gewinnen!

Längst verstehen wir uns als Sylter. Die Haare sind wunderbar zerzaust, die Gummistiefel dreckig, in den Zimmern sieht es aus, als hätte ein Orkan gewütet. Klasse! Doch ein Highlight fehlt noch: die süßen Seehunde und Robben. Auf dem Schiff nehmen die siebzig Kinder das Außendeck ein. Ein prächtiger Ausblick bietet sich auf die Insel, den Leuchtturm und den Hafen von Hörnum an der Südspitze der Insel. Die Nordsee ist hier ganz entspannt, doch ein paar Wellen der rauen Westseite erreichen auch unser Schiff und so geht es auf und ab, bis die Sandbänke vor Sylt erreicht sind, auf denen sich nahezu hundert Seehunde und Kegelrobben entspannen, die spärlichen Sonnenstrahlen genießen und auf und ab robben.

Das obligatorische Fischbrötchen wartet im Hafen auf alle, die wollen. Den letzten Tag lassen wir erst am Strand von Hörnum, später noch an “unserem” Strand ausklingen. Wer möchte freiwillig diese tolle Insel verlassen? Kleine Tränen kullern so manche Wange hinab. Der Sonnenuntergang ist klasse, und über uns erstrahlt ein Abschiedsregenbogen. Na klar, die Kinder vermissen auch ihre Geschwister, das eigene Bett, ihre Eltern… doch am liebsten würden sie einen Teil der Insel einfach mit in den Koffer packen.

Was bleibt, sind viele Erinnerungen an eine ganz besondere Zeit. Die Kinder haben in dieser Schulwoche nicht nur unglaublich viel über sich selbst, die Demut gegenüber der Natur, vielfältige Naturgewalten und Eigenschaften dieser bewundernswerten Landschaftsform gelernt, sondern sind auch im Zusammenhalt und im gegenseitigen Vertrauen gewachsen. Sie haben sich mit ihren kleinen und großen Sorgen ihren Lehrern anvertraut; Bezugspersonen, die sie in den letzten vier Jahren sehr gut schätzen- und kennengelernt haben und die in so manchen Situationen als Mama oder Papa für kurze Zeit zur Verfügung standen. Zugleich konnten die Kinder sich anderen Kindern des Jahrgangs noch mehr öffnen, die nicht in der eigenen Klasse, dafür schon bald auf der gleichen weiterführenden Schule sind.

Wir blicken auf eine faszinierende, schöne, abenteuerreiche, aufregende und erholsame Klassenfahrt mit unserem tollen vierten Jahrgang zurück, auf den wir sehr, sehr stolz sind!

Text: G. Beyer, Fotos: Jahrgangsteam 4