Ethik-Kurse im 3. Jahrgang besuchen das Grenzmuseum Schifflersgrund
Wie fühlt es sich an, wenn Menschen nicht selbst über ihre Lebensgestaltung entscheiden dürfen? Diese Frage begleitete die Kinder der beiden Ethik-Kurse des 3. Jahrgangs beim Besuch des Grenzmuseums Schifflersgrund in Sickenberg. Nach einer rund einstündigen Wanderung erreichte die Gruppe das Museum – für einige Schülerinnen und Schüler bereits eine kleine Herausforderung.
Empfangen wurden sie von Anne Vaupel-Meier, die sie entlang des ehemaligen Grenzzauns zwischen DDR und BRD führte. Vorbei am alten Wachturm, an Hubschraubern und an Panzern erklärte sie, wie die innerdeutsche Grenze einst Menschen trennte – und was es bedeutete, in einem Staat ohne freie Wahlen und Gewaltenteilung zu leben.
Die Vorzüge einer Demokratie – aber auch deren Nachteile – hatten die Kinder im Vorfeld ausführlich im Ethikunterricht bei Frau Wettig und bei Herrn Beyer beleuchet: Welche Chancen und Risiken birgt Mitbestimmung? Ist Gleichbehandlung immer gerecht? Was geschieht, wenn demokratisch gewählte Menschen beginnen, demokratische Werte zu schwächen oder infrage zu stellen? Diese Fragen wollten wir auf unserem Ausflug in einen historischen Zusammenhang stellen.
Leben zwischen Freiheit und Kontrolle
„Was bringt es, auf die Menschen aus dem eigenen Land zu schießen“, fragte ein Schüler, als er das Modell der Selbstschussanlagen sah. Eine Mitschülerin zog einen Vergleich:
„Das war ja fast wie ein Gefängnis – die Leute durften ihr Land nicht verlassen.“
Während der Führung erfuhren die Kinder, dass die DDR nicht nur durch Stacheldraht und Wachtürme, sondern auch durch Überwachung und Misstrauen begrenzt wurde. Wer fliehen wollte, riskierte sein Leben.
Besonders bewegte die Gruppe das einfache Holzkreuz am Hang, das sie schon auf dem Hinweg entdeckt hatte – es erinnert an Heinz-Josef Große, der 1982 bei einem Fluchtversuch mit seinem Bagger erschossen wurde. „Das ist so traurig, dass er das nicht geschafft hat“, sagte ein Kind leise. Anne Vaupel-Meier erklärte, unter welchem systematischen Druck es zu der Tötung des „Grenzverletzers“ gekommen war, wie er in Stasi-Dokumenten kurz darauf bezeichnet wurde.
Geschichte ins Heute geholt
Beim Besichtigen von Fahrzeugen und Ausstellungstücken entdeckten die Kinder Spuren der vier Besatzungsmächte nach dem Zweiten Weltkrieg: der Sowjetunion, Großbritanniens, Frankreichs und der USA. Einige Schülerinnen und Schüler erzählten von persönlichen Familiengeschichten:
„Mein Uropa ist damals über die Ostsee geflohen.“
„Meine Oma hat gleich an der Grenze im Finstertal gewohnt – sie konnte rüber zum Zaun gucken.“
Die Begegnung mit der Geschichte regte viele Kinder zum Nachdenken über die Gegenwart an.
„Wir leben heute so frei – das merkt man gar nicht jeden Tag. Aber jetzt denke ich da mehr drüber nach“, meinte ein Schüler auf dem Rückweg.
Einladung zum Wiedersehen
Am Ende des erlebnisreichen Tages waren sich alle einig: Der Ausflug war spannend, lehrreich und bewegend. Die Ethik-Kurse danken herzlich Anne Vaupel-Meier für die anschauliche, kindgerechte Führung und die Möglichkeit, ihre vielen Fragen stellen zu können, FSJler Mattis Kämmer für die engagierte Begleitung und dem gesamten Team des Grenzmuseums Schifflersgrund für die freundliche Einladung.
Nach der Rückwanderung – erneut etwa eine Stunde Fußweg – kehrten die Kinder müde, aber voller Eindrücke und Gedanken zurück.
Wer neugierig geworden ist, ist herzlich eingeladen, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen oder das Grenzmuseum Schifflersgrund selbst zu besuchen. Es lohnt sich, Geschichte an diesem Ort so authentisch zu erleben.
Text: G. Beyer, Fotos: Kinder der Ethik-Kurse im 3. Jahrgang






